Nonstop Langstrecken Radrennen in Österreich

Eine besondere Energie umgibt das Mysterium des Langstrecken-Radsports. Während sich die meisten Menschen kaum vorstellen können, wie und warum sich jemand solche Strapazen antut, ist es für die Sportler/innen selbst ein ganz besonderes Bedürfnis, sich ihren eigenen körperlichen Grenzen - und jenen Grenzen im Kopf - zu stellen und diese zu verschieben, darüber hinaus zu wachsen und völlig in die Welt des Langstrecken-Radsport einzutauchen.

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Abbildung: Zwei Teilnehmer am Race across the Alps am 24. Juni 2022

Christoph Strasser - Champion im Langstrecken Radsport

Christoph Strasser

Der Steirer Christoph Strasser, geboren am 4. November 1982 in Leoben, ist wohl der beste Ultradistanz-Langstrecken-Radsportler. Der 6-fache RAAM-Sieger hat auch bereits in seiner Heimat so ziemlich alles gewonnen, was man in seinem Sport gewinnen kann. Und natürlich scheint sein Name auch immer wieder im Zusammenhang mit dem Race Around Austria auf. Im Jahr 2019 beispielsweise hat Christoph Strasser gemeinsam mit Lukas Kienreich im 2er-Team beim Race Around Austria teilgenommen. Im Jahr darauf, beim RAA 2020, pulverisierte Strasser im Solo-Bewerb den alten Streckenrekord, mit einer neuen Rekord-Zeit von 3 Tagen 11 Stunden und 26 Minuten (83:26 Stunden). Dies ist die Zeit die der Steirer für 2.200 Kilometer nonstop am Rad benötige. Um diese Streckenlänge in dieser Zeit zu erreichen, ist eine overall Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 26 km/h erforderlich.

Grundsätzliches über NONSTOP Langstrecken Radrennen

Wie das weltberühmte Race Around Austria zeigt, herrscht ein regelrechter Boom um diese NONSTOP-Langstreckenrennen, bei welchen die Teilnehmer/innen einen irrsinnigen Schlafentzug in Kauf nehmen, um möglichst viel Zeit zu sparen. Das Zauberwort heißt: Powernap! Bei einem Powernap geht es darum, dass man sich maximal 15 Minuten in einem Erholungszustand befindet, um dann wieder in den aktiven Wach-Zustand zu gelangen, bevor der Körper eine Tiefschlafphase einleitet. Schläft man zu lange, dann fährt der Körper zu viel hinunter und ein "wieder zu sich kommen" wird ungleich schwieriger. Dies ist aber nur eine von zahlreichen Gesetzmäßigkeiten rund um das Bestehen eines solchen Radrennens. In der Regel ist es so, dass der Teilnehmer von einem Team im Begleitfahrzeug auf der Strecke unterstützt wird. Je nachdem wie viele Personen im Team sind, hat jeder eine oder mehrere spezielle Aufgaben um die er sich zu kümmern hat, damit es dem Radfahrer möglichst an nichts fehlt. Die grundlegenden Aufgaben im Team sind:

  • Fahren des Begleitfahrzeuges, Navigation (Beherrschen der Strecke und des Roadbooks)
  • Ernährung des Radsportlers
  • Physiotherapie, Massage, Medizinische Versorgung, Mentaltraining
  • Ausrüstung, Fahrrad-Technik

Je unerfahrener ein Teilnehmer noch ist, umso mehr ist es wichtig, dass das Team einen möglichst perfekten Job macht und mindestens eine sehr erfahrene Person im Team dabei ist, der von vorhinein das Gefahrenpotenzial minimiert und Fehler, sowie Fehlentscheidungen, präventiv vermeidet. Die Arbeit des Betreuerteams ist für den Erfolg mindestens genauso wichtig, wie die sportliche und mentale Leistung des Teilnehmers selbst. Wichtig ist auch, speziell bei einer erstmaligen Teilnahme, etwaige Cutoff-Zeiten im Auge zu behalten und immer wieder eine realistische Ankunftszeit im Ziel zu kalkulieren. Speziell hier werden zu Beginn die meisten Fehler gemacht.

paul lindner
Abbildung: Paul Lindner beim Start des Race across the Alps 2022 - Platz 7 nach 26:23:46 Stunden im Ziel © Markus Steinacher

Die Ernährung bei Langstrecken Radrennen

Die Ernährung bei einem Radrennen, welches NONSTOP über einen ganzen Tag - oder mehrere Tage - verläuft, funktioniert in vielen Bereichen völlig anders als man es von kurzweiligen Wettkämpfen gewohnt ist. Im Langstrecken Radsport wird speziell eher auf leicht verdauliche Flüssignahrung gesetzt, die viel hochwertige und energiereiche Inhaltsstoffe bietet. Durch den dauerhaften und somit immensen Verlust von Salz und anderen Mineralstoffen, ist es dringend erforderlich den Mineralhaushalt des Athleten möglichst ausbalanciert aufrecht zu erhalten. Auch Proteine und Kohlenhydrate müssen in regelmäßigen Abständen stündlich immer wieder wohldosiert zugefügt werden. Die permanente Flüssigkeitszufuhr ist ebenfalls von ganz entscheidener Bedeutung. Grundsätzlich empfiehlt es sich in kurzen Zeitabständen kleine Mengen zu drinken, anstatt weniger oft und dafür mehr zu trinken. Gerät der Körper erst einmal in eine zu große Flüssigkeits- und/oder Energie-Schuld, dann ist es kaum möglich, diesen Rückstand wieder zur Gänze aufzuholen.

robert müller sieger race across the alps 2022
Abbildung: Robert Müller mit Startnummer 2 beim Start des Race across the Alps 2022 - Platz 1 nach 21:54:27 Stunden im Ziel. Dahinter mit Startnummer 7: Lukas Kienreich, leider ausgeschieden nach 5:04:45 Stunden © Markus Steinacher

Die Intensität bei Langstrecken Radrennen

Genauso verhält es sich auch mit der Einteilung der Kräfte. Ein Kardinalsfehler ist es am Anfang zu schnell ins Rennen zu starten. Ein Langstrecken Radrennen gewinnt man nicht auf den ersten Kilometern, zumindest der Großteil des Teilnehmerfeldes nicht. Die Kraft, die man zu Beginn zu schnell und intensiv investiert hat, fehlt meistens dann um ein Rennen bis ins Ziel wunschgemäß zu beenden. Im Grunde genommen ist das wie ein Pokerspiel, bei welchem die Teilnehmer gegen ihre eigene Leistungsfähigkeit und ihr Durchhaltevermögen zocken. Wer zu Beginn zu hoch pokert, der läuft Gefahr von sich selbst ausgestochen zu werden und je nach mentalem Durchhaltevermögen scheinbar endlos zu leiden. Daher macht es absolut Sinn zu Beginn eher defensiv ins Rennen zu starten.

Medizinische Versorgung, physiologische und mentale Betreuung

Aufgabe des Teams ist es auch, den gesundheitlichen Zustand des Teilnehmers im Auge zu behalten und im Notfall die Teilnahme abzubrechen. In mentaler Hinsicht ist es natürlich auch wichtig, dass das Team positiv und motivierend auf den Teilnehmer einwirkt, ihn bei Laune hält und ihn je nachdem, wie der Teilnehmer so "tickt", ihn etwas unter Druck zu setzen, ihn "anzuheizen", oder ihn davor zu bewahren.

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Abbildung: Die Ausrüstung bei alpinen Radrennen ist besonders wichtig, das schwierige Terrain und schnell wechselnde Witterungsverhältnisse machen dies erforderlich © Markus Steinacher

Die Austrüstung bei Langstrecken Radrennen

Je besser und erprobter die Austrüstung, umso höher ist die Erfolgschance, damit das Rennen plangemäß zu beenden - das ist klar! Aber letztenendes spielt die Austrüstung im Vergleich zur Ernährung, Krafteinteilung und Gesundheit eine zweitrangige Ordnung. Was damit gemeint ist: Wenn alle anderen Faktoren passen, dann schafft man das Rennen auch mit einem Fahrrad, dass nicht dem letzten Stand der Technik entspricht und vielleicht auch ein wenig schwerer ist, als die teuersten Räder dieser Welt. Jedoch von entscheidener Bedeutung ist, dass das Material hochwertig, robust und qualitativ zuverlässig ist. Und im Team sollte sich mindestens eine Person befinden, die sich mit dem Service und der Reparatur von Fahrrädern gut auskennt, dies womöglich auch hauptberuflich macht.

Ein nicht zu unterschätzendes Thema ist die Bekleidung. Je nach Wetterlage kommt es immer wieder vor, daß es speziell auf Bergpässen zu plötzlich extremen Temperatur-Einbrüchen kommt, plötzlicher Eisregen und Schneefall im Sommer kann da auch schon mal vorkommen. Da ist es wichtig, dass der Radfahrer funktionelle Bekleidung hat, die ihn wärmt und möglichst trocken hält. Insofern ist es auch wichtig, dass entsprechend viel Wechselkleidung vorhanden ist und dass sich im Team jemand darum kümmert, dass bereits nasse, momentan ungenutzte, Kleidungsstücke wieder trocken werden. Hier darf man auch nicht zimperlich und "angeekelt" sein. Ganz wichtig sind auch viele Socken, Handschuhe, Hauben und bei Bedarf auch mehrere Paar Radschuhe. Bei den Radschuhen sollte auch ein größeres Paar dabei sein, da es sein kann, dass die Füße durch den hohen dauerhaften Pedaldruck anschwellen.

Nebenbei zu beachten sind auch genug Lademöglichkeiten (Adapter, Ladegeräte mit allen benötigten Steckern, Batterien, ..) für Handys, Funkgeräte (immer wieder erforderlich im Gebirge), GPS-Geräte, Stirnlampen, Heizdecken, etc ... sowie ein technisch gurchgechecktes Begleitfahrzeug mit vollem Tank.

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Abbildung: Wer glaubt, dass ein Langstrecken Radrennen nur bei schönstem Wetter und Sonnenschein stattfindet, der irrt. Diese Abbildung zeigt, wie es bei Nacht, Sturm und Regen auf den Alpenpässen in schwindelerregenden Höhen zugehen kann © Markus Steinacher

NONSTOP Langstrecken Radrennen in Österreich

Österreich, mit seinem hohen Anteil an alpinen Gebirgspässen, zählt zu den weltbekannten Radsport-Regionen, die mit Höhenmetern im Radsport bestimmt nicht sparen. Insofern gibt es mit dem Race Around Austria und dem Race across the Alps österreichische NONSTOP-Langstrecken-Radsportformate, die in dieser Form zu den härtesten in Europa und der Welt gehören. Der Unterschied zur Österreich Rundfahrt beispielsweise besteht darin, dass es sich bei "klassischen" Mehrtages-Radrennen um sogenannte Etappenrennen handelt, bei welchen die Teilnehmer nach jeder Etappe eine Pause bis zum nächsten Tag einlegen und schlafen / regenerieren können. Bei dem Race across the Alps handelt es sich beispielsweise um das anerkannt weltweit härteste 24 Stunden-Nonstop-Radrennen der Welt, bei welchem die Teilnehmer 525 Kilometer und 14.000 Höhenmeter nonstop überwinden. Das Race Around Austria verläuft über 2.200 Kilometer an Österreichs grenznahen Straßen und bietet etwa 30.000 Höhenmeter.

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Abbildung: Ungesicherte Alpenpass-Straßen ohne Leitplanken jenseits der 2.000 Meter-Grenze, keine Seltenheit in Italien. Oben dichter Nebel, Regen und Sturm, unter den Wolken "erwärmende" 8 Grad beim Downhill im Hochsommer © Markus Steinacher


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