Concurrent Training: Kraft- und Ausdauertraining in Kombination und dessen Herausforderungen

Motivierte Sportler würden am liebsten alles gemeinsam trainieren, um nicht nur kräftig zu sein, sondern auch ausdauernd. So mancher Hobbysportler ist dabei immer wieder schon einmal an seine physischen und psychischen Grenzen der Belastbarkeit gekommen und hat sich bei stundenlangem Training komplett ausgepowert. Nicht selten folgt auf ein solches unspezifisches Kraft- und Ausdauertraining eine Phase der Erschöpfung, und das mit Auswirkungen auf den Alltag. Gereiztheit, Unruhe, Schlaflosigkeit, Konzentrationsschwächen und sogar leichte motorische Beeinträchtigungen sind klassische Anzeichen dafür, dass wir es mit dem Kraft- und Ausdauertraining "ein wenig" übertrieben haben. Wenn du dich in diesen Aussagen wiederfindest, dann könnte dich dieser Artikel über das Concurrent Training interessieren.

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Abbildung: Schweißtreibende Trainingseinheiten zur Förderung von Kraft und Ausdauer können Substanz kosten

Concurrent Training, die Eierlegendewollmilchsau

Der Begriff Concurrent Training bezieht sich auf eine Trainingsmethode, bei der Ausdauertraining und Krafttraining in ein und derselben Trainingseinheit (beziehungsweise zumindest am gleichen Tag) kombiniert werden (Für Laien: dies hat nichts mit klassischem Kraftausdauer-Training zu tun, bei welchem man mit entsprechend leichtem Gewicht eine höhere Anzahl an Wiederholungen macht, als beim Hypertrophie- oder Maximalkrafttraining). Das Hauptziel von Concurrent Training ist es, sowohl die aeroben als auch die anaeroben Fitnesskomponenten zu verbessern, sowie Kraftaufbau und die Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit in einem Trainingskonzept möglichst effektiv und zeitsparend zu vereinen. Allerdings ist das in der Theorie leichter gedacht als in der Praxis angewendet und erfolgreich umgesetzt. Selbst erfahrene Trainer stoßen hier ganz schnell an ihre Grenzen, zumal diese oftmals nicht in der Lage sind, so ein "All-in-One-Training" (die Eierlegendewollmilchsau der Fitness) und dessen Erfolg richtig zu gestalten und zu überwachen.

In der Vergangenheit gab es bereits zahlreiche Diskussionen darüber, ob gleichzeitiges Ausdauer- und Krafttraining zu gegenseitigen Beeinträchtigungen führen kann. Es wurde diskutiert, ob zum Beispiel intensives Ausdauertraining die muskuläre Kraftentwicklung beeinträchtigen kann, und umgekehrt: ob intensives Krafttraining die aerobe Ausdauer-Leistungsfähigkeit beeinflussen kann. Über dieses Phänomen haben wir unter dem Begriff "Interferenzeffekt" beim Kraft- und Ausdauertraining im Zusammenhang mit Laufen und Krafttraining bereits berichtet.

Es ist möglich, sowohl die aerobe als auch die anaerobe Fitness durch Concurrent Training zu verbessern, wenn das Training ordnungsgemäß strukturiert und überwacht wird. Dies kann durch die richtige Reihenfolge der Übungen, die richtige Dosierung der Intensitäten und -volumina, sowie die richtige Regeneration zwischen den Trainingseinheiten, erreicht werden. Selbstverständlich ist das allerdings nicht, da man bereits bei einer einzigen Trainingseinheit schnell über das Ziel hinaus schießen kann und dann gezwungenermaßen pausieren muss, um wieder ein energetisches Gleichgewicht zu erlangen.

Ausdauer eher nachteilig für Kraft als umgekehrt

Einige Studien deuten darauf hin, dass intensives Ausdauertraining die möglichen Erfolge von Krafttraining beeinträchtigen kann. Das bedeutet, dass jene Personen, die intensives Ausdauertraining betreiben, möglicherweise nicht die gleiche Kraftentwicklung erleben wie jene Personen, die sich hauptsächlich oder ausschließlich auf Krafttraining konzentrieren. Intensives Krafttraining muss sich jedoch nicht unbedingt nachteilig auf die Ausdauerleistung auswirken. Einfach formuliert weist das darauf hin, dass Krafttraining die Ausdauerleistungsfähigkeit eher unterstützt, als umgekehrt: das Ausdauertraining die Kraftentwicklung. Das muss im individuellen Fall nicht sein, die Tendenz dazu besteht jedoch. Es kommt jedenfalls dabei stark auf die individuelle Trainingsgestaltung an, wie man Kraft- und Ausdauertraining für sich organisiert (Stichwort: Trainingsplanung und Periodisierung).

Kein Patentrezept für Concurrent Training

Die Sinnhaftigkeit und Effektivität von Concurrent Training kann von Person zu Person variieren, abhängig von individuellen Faktoren wie Fitnessniveau, genetischer Veranlagung und Trainingsgeschichte. Es ist wichtig, ein ausgewogenes und gut geplantes Trainingsprogramm zu entwickeln, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Es wird empfohlen, professionelle Beratung einzuholen, um ein auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittenes Trainingsprogramm zu erstellen.

Die Ernährung ist essentiell beim Concurrent Training

Wie wichtig die Ernährung bei regelmäßiger sportlicher Betätigung ist, brauchen wir nicht extra anzuführen. Dazu gibt es zahlreiche Gesundheitstipps in unserem Blog. Jedoch sollte man beim Concurrent Training speziell darauf achten, sich gut mit Flüssigkeit und Proteinen zu versorgen. Concurrent Training sollte nie auf nüchternen Magen stattfinden. Eine kleine verdauungsschonende Mahlzeit bis zu zwei Stunden vor dem Training ist aus mehreren Gründen extrem wichtig für den Erfolg der bevorstehenden Trainingseinheit. Hochwertige Proteinshakes mit allen essentiellen Aminosäuren - bereits während und unmittelbar nach dem Training - helfen nicht nur bei der Regeneration und beim Muskelaufbau, sondern speziell auch dem Immunsystem.

Unsere Empfehlung für Hobbysportler

Aus zahlreichen Erfahrungsberichten im Hobby- und Breitensport wird empfohlen, das Concurrent Training grundsätzlich nur dann regelmäßig zu trainieren, wenn das Training einem strukturierten Plan unterliegt und auch entsprechend überprüft wird. Wenn diese Rahmenbedingungen nicht gegeben sind, dann empfiehlt es sich reines Krafttraining und reines Ausdauertraining zeitlich voneinander zu trennen, im Idealfall sogar an unterschiedlichen Tagen durchzuführen. Wenn Sie Kraft und Ausdauer am selben Tag trainieren wollen, dann achten Sie darauf, dass mindestens die 6 empfohlenen Stunden zwischen den Trainingseinheiten liegen.

Krafttraining vor dem Ausdauertraining

Aus rein leistungsphysiologischer Sicht sollte stets das Krafttraining vor dem Ausdauertraining durchgeführt werden und dann auch so, dass sich die trainierten Muskelgruppen nicht in die Quere kommen. Zum Beispiel können Sie am Vormittag ein Krafttraining für den Oberkörper machen und am Nachmittag dann ein Lauftraining machen. Jedoch sollte das Lauftraining nicht zu lang und nicht zu intensiv sein. Wenn Sie ein intensives Lauftraining geplant haben, dann vermeiden Sie hartes Krafttraining zuvor, selbst wenn es andere Muskelgruppen sind. In der umgekehrten Reihenfolge sollte auf keinen Fall trainiert werden, speziell wenn es um intensivere Reize geht.

Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn es sich um spezifisches Ausdauer-Programm handelt, bei welchem es in erster Linie darum geht, ein Ausdauer-Ziel zu erreichen. In diesem Fall macht es natürlich Sinn, das spezifische Ausdauertraining in der Reihenfolge bevorzugt im ausgeruhten Zustand durchzuführen und danach (am besten nur lockeres) Krafttraining zu machen. Wobei dieses Beispiel grundsätzlich nur dem professionellen und entsprechend überwachten Leistungssport-Bereich vorbehalten ist. Im Breiten- und Hobbysport sind solche Beispiele grundsätzlich eher sinnbefreit und obsolet, insofern auch nicht zu empfehlen.

Sinnhaftigkeit von Concurrent Training für Hobbysportler

Die Sinnhaftigkeit von Concurrent Training für Hobbysportler ist in der Tat ein Aspekt, den man sich zumindest kurz durch den Kopf gehen lassen sollte. Der größte Vorteil von Concurrent Training im Breitensport ist die mögliche Zeitersparnis und Netto-Effektivität (all in one). Für eine Concurrent Trainingseinheit benötigen Sie in der Regel weniger Zeit, als für ein Krafttraining und ein separates Ausdauertraining. Unter diesem Aspekt macht es Sinn, und in der Regel ist man Aufgrund der fehlenden Zeitressourcen nicht gefährdet in ein Übertraining zu gelangen.

Interessanter Vortrag über das Concurrent Training

concurrent training vortrag

Dieser Vortrag von Patrick Berndt, M. Sc. zeigt sehr verständlich auf mit welchen Herausforderungen Athleten und Trainer zu kämpfen haben, wenn es sich um kombiniertes Kraft- und Ausdauertraining handelt. Interessant ist der Aspekt, dass es sich beim Concurrent Training um nichts Neues handelt, ganz im Gegenteil. Das was neu ist, ist die Tatsache, dass man die physiologischen Wechselwirkungen dieser Trainingsform nun gut erforscht hat und das Kind sozusagen einen Namen erhalten hat.

Trotz der gut erforschten Faktenlage zum Concurrent Training ist es erstaunlich, wie schwer es nach wie vor ist, das dadurch erworbene Wissen in die Praxis umzusetzen. So fällt es zunächst einmal schwer, die zwei grundlegenden Systeme für Kraft und Ausdauer in unserem Körper zu verinnerlichen und auf die jeweiligen Bedürfnisse angemessen einzugehen. Das kann speziell für Fitnesscenter-Betreiber von großer Bedeutung sein, denn dort werden oftmals unbewusst Ansätze von Concurrent Training praktiziert. Ein sehr häufiges Motiv für Fitnesscenter-Kunden ist es, ihre Kraft und ihre Ausdauer dort zu verbessern, und das möglichst effizient, effektiv und zeitsparend. Daher wird fleißig mit Gewichten trainiert und am Ergometer geschwitzt, nicht selten ohne Pausen. Damit steigt das Risiko sich ungewollt zu überfordern oder das Phänomen der Interferenzeffekte zu befeuern.

Aus Sicht der Wissenschaft ...

... sollte Kraft- und Ausdauertraining möglich zeitlich getrennt von einander ausgeübt werden. Dies widerspricht natürlich dem grundlegenden Konzept des Concurrent Training. Spezifische Anpassungen erfolgen dann, wenn wir spezifische Reize setzen. Dementsprechend sollten wir diese beiden Trainingsvarianten möglichst getrennt ausführen.

Wenn man sich nun auf das Konzept des Konkurrent Training einlässt, dann sollte der individuelle Trainingszustand des Athleten berücksichtigt werden und die Trainingsmethoden sollten in Summe kompatibel sein (zB um Verletzungen, lokale physische Überforderungen und Überlastungserscheinungen zu vermeiden). Ein weiterer Aspekt ist die Auswahl der Muskelgruppen, welche man an ein und dem selben Tag trainiert. Wie bereits weiter oben im Artikel erwähnt, macht es Sinn beispielsweise am Vormittag Oberkörper-Krafttraining zu machen und am Nachmittag für das Beintraining laufen zu gehen. Mit diesem Beispiel hält man die Interferenzeffekte relativ gering.

Allgemeine Empfehlung für die Umsetzung von Concurrent Training

  • Krafttraining immer vor Ausdauertraining
  • Krafttraining sollte im primären Fokus stehen *
  • Mindestens 6 Stunden Pause zwischen den Trainingseinheiten
  • Im Idealfall jedoch an verschiedenen Tagen (Schlaf dazwischen) um den höchsten Output zu erreichen
  • Verhätnis von Kraft zu Ausdauer-Trainingseinheiten: 3:1 um die Kraftsteigerung optimal zu gewährleisten
  • Verschiedene Muskelgruppen bei der zeitlichen Reihenfolge beachten um Interferenzen ebenfalls zu vermeiden
  • Hinterfragen von Trainingszielen unter Berücksichtigung des Trainingsalters

* Wenn das Ausdauertraining im Fokus einer individuellen Zielerreichung steht, dann müssen in der Regel beim Kraft- und Muskelaufbau gewisse Abstriche in Kauf genommen werden. Insofern eignet sich Concurrent Training eher für Kraftsportler und nicht für Ausdauersportler.

Über das Ausdauertraining im Rahmen eines Concurrent Trainings

Es klingt zunächst einmal etwas irritierend, aber das grundsätzlich optimalste Ausdauertraining im Rahmen eines Concurrent Trainings sind kurze und intensive Ausdauertrainings. Der Grund dafür liegt bei der Vermeidung der Interferenzeffekte, weil kurzes und intensives Ausdauertraining dem Krafttraining physiologisch ähnlicher sind, als langes und extensives Ausdauertraining in Kombination mit intensivem Krafttraining. Dies steht aber auch im Widerspruch mit der Herangehensweise von Ausdauer-Trainingskonzepten, bei denen die Optimierung des Fettstoffwechsels durch lange extensive Trainingseinheiten (Aerobes Ausdauertraining - REKOM, GA 1, ...) im Vordergrund steht.

Wenn man also versucht, aerobes Ausdauertraining (zB 2h Longrun) mit intensivem Krafttraining zu kombinieren, besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass man nach dem Longrun in eine große Müdigkeit verfällt und bis zu zwei Tage (oder länger) in einem energetischen Loch gefangen ist, jedenfalls so lange bis der Körper sich davon erholt hat.

Mit kurzen intensiven Ausdauertrainings (GA 2, Intervalltraining, Sprints) in Kombination mit intensivem Krafttraining kann der Körper besser umgehen und regeneriert hier auch besser, als beim langen aeroben Ausdauertraining, bei welchem dadurch im Verhältnis eher kleinere Nachteile zu erwarten sind. Die Studienlage sieht sogar vor, dass kurzes intensives Ausdauertraining bei optimaler Anwendung die Muskelproteinsynthese (Regeneration nach Kraft) begünstigt.

Wobei grundsätzlich sollte man bei diesem Trainingskonzept nicht ganz auf die Grundlagenausdauer verzichten und möglichst dies beim Warm Up und Cool Down berücksichtigen (Warm Up und Cool Down ganz locker). In der Regel können moderate Freizeitbeschäftigungen wie wandern, lockeres radeln, ... behilflich sein. Diese Empfehlungen sind allerdings nicht in Stein gemeißelt und sind sehr individuell anzusehen, da jeder Mensch hier anders funktioniert, je nach aktueller Fitness, Lebensumstände und physiologischer Beschaffenheit.

Trainingsziele von Concurrent Training unter Berücksichtigung des Trainingsalters und der Spezialisierung

Bevor man ein Concurrent Training in Betracht zieht, sollte man sich die Fragen stellen, wie bereit der Sportler dafür ist (Stichwort: Trainingsalter) und wie speziell die Zielsetzung dafür ist. Wie wir bereits wissen, erfolgen spezifische Anpassungen nur dann, wenn wir spezifische Reize setzen. Dies ist in der Praxis für erfahrene und leistungsorientierte Sportler von Bedeutung, da jene Personen entsprechend an ihre physiologischen Grenzen im Training gehen können. Bei Anfängern hingegen spielt das keine so große Rolle, da zum Beginn bei jeder Art des Krafttrainings mit Erfolgen im Kraft- und Muskelaufbau gerechnet werden kann. Bei fortgeschrittenen Personen hingegen wird das immer schwieriger, da für noch mehr Trainingserfolge immer härter und spezifischer trainiert werden muss. Bei primär auf Ausdauer orientierte und erfahrene Athleten kann sich Krafttraining positiv auswirken, wenn das Krafttraining eher auf neuromuskulärer Ebene stattfindet (zur Verbesserung der Bewegungsökonomie, Lauftechnik, Runder Tritt beim Radfahren, RPMs, ...) und nicht / weniger auf den maximalen Kraft- und Muskelaufbau.

Fazit

Intensives Concurrent Training ist für erfahrene Sportler mit hohem Trainingsalter gedacht um spezifische Trainingsziele zu erreichen. Concurrent Training kann aber auch eher unerfahrenen Hobbysportlern dabei helfen, die allgemeine unspezifische Fitness auf einem möglichst breiten Spektrum zu verbessern. In jedem Fall sollte dabei auf professionelle Trainingsplanung geachtet werden um die Interferenzen zu vermeiden.


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