Ausdauer im Wasser ist die Lehre physischer Effizienz, die beim Schwimmen dort beginnt, wo man das Wasser zu seinem Trainingspartner macht. „Den langen Atmen“ haben trifft beim Training in physischer, psychischer und philosophischer Hinsicht zu. Beim Schwimmen ist Rhythmus sehr wichtig und das „Ruhe bewahren“ im Kopf. Jede Bewegung ist bewusst gesteuert, die Atmung synchron mit den Armzügen getaktet, ruhig und kontrolliert. Um beim Schwimmen in diesen „Flow-Zustand“ zu gelangen, ist der philosophische lange Atem wichtig, der unseren Willen zum Erlernen dieser vielseitigen Sportart positiv beeinflusst.
Dort wo sich Kraft und Ausdauer die Waage halten
Eine Erkenntnis aus persönlichen Trainingserfahrungen und zahleichen Gesprächen mit Experten, wie den Openwaterchamps, haben zwei wesentliche Dinge für mich auf den Punkt gebracht:
- Es gibt Dinge, die beim Kraulen unerlässlich sind und es gibt Dinge die Individualität einfordern
- Es gibt nicht die eine richtige Kraultechnik für alle Aspekte des Schwimmsports
Ich habe zum Beispiel des Öfteren Diskussionen über das Paradebeispiel „hoher Ellbogen“ beim Kraulen mitverfolgt und verschiedenste Experten-Meinungen angenommen, die alle irgendwie ihre eigene Berechtigung haben. Bei so einer Diskussion ist nämlich genaues Hinhören sehr wichtig und ich würde zuerst einmal nachfragen, von welcher Schwimmsport-Disziplin in diesem Kontext eigentlich die Rede ist.
Ist ja klar: Ein Sprinter wird auch im Laufsport anders trainieren als ein Langstreckenläufer. Ein Triathlet oder SwimRunner wird auch andere Aspekte in sein Training miteinbeziehen müssen um in seiner jeweiligen Sportart erfolgreich zu sein. Und auch im Radsport gibt es da wesentliche Unterschiede, so ist es zum Beispiel für einen Triathleten nicht ideal, wenn er dauernd wie ein Rennradfahrer in der Gruppe (Windschatten) trainiert und im Wettkampf dem Gegenwind als Feind gegenüber tritt, anstelle den Wind als Trainingspartner zu kennen.
Abbildung: Beim Open Water Schwimmtraining in der neuen Donau
Individualität ist Oftmals unterschätzt
Und wenn ich es jetzt ganz genau nehme, dann ist die ganze Thematik noch komplexer. Zusätzlich zu meiner eigenen Zielsetzung (in welcher Sportart trainiere ich eigentlich?) kommt nun auch meine ganz persönliche körperliche Verfassung hinzu. Mein Trainer hat mir das sehr plausibel vor Augen geführt und wenn ich darüber nachdenke: er hat völlig recht! Ein muskelbepackter, voluminöser und kurzer Oberkörper muss sich ein wenig anders im Wasser bewegen (oder besser gesagt: auf andere Bereiche seiner Technik Augenmerk legen), als ein schlanker, drahtiger und langer Mensch, der von Grund auf wahrscheinlich anders im Wasser liegt. Das Ziel ist aber jedes Mal das Gleiche: Als synchrones, austariertes Gesamtpaket im Wasser zu liegen und wie ein Fisch möglichst „effizient“ zu sein.
Abbildung: Der Reiz von Open Water
Der Schwimmer als Allrad-Hybrid-Motor
Diesen Begriff habe ich für mich erfunden, ist also kein Fachbegriff im eigentlichen Sinn, verbildlicht mir aber Folgendes:
Ein Hybrid-Motor beim Auto hat im Prinzip zwei Motoren: den normalen Benzin-Motor und den Elektromotor. Wenn man den menschlichen Körper damit vergleicht, ist dieser ebenfalls ein Hybrid: Fettstoffwechsel-Motor (äquivalent zu Benzin-Motor) und Kohlehydrate-Motor (äquivalent zu Elektro-Motor). Natürlich ist das beim Menschen viel komplexer, denn wir laufen permanent mit beiden Motoren, im Gegensatz zu den Autos, dessen Elektro-Motor sich nur im Bedarfsfall einschaltet. Und beim Schwimmen sehe ich das noch einmal eine Stufe komplexer, denn hier stelle ich mir jetzt vor, dass der Oberkörper mit den Armen ein eigener Motor ist und die Beine den zweiten Motor darstellen. Und genau das ist aber der Fehler in Bezug auf die Schwimmtechnik, welchen ich in der Praxis immer noch mache.
Lange Zeit bin ich mit der mir unbewussten Haltung (mir war es nicht einmal klar) geschwommen, das die Arme Tempo machen und die Beine je nach Kraft und Ausdauer einfach unterstützend dabei sind. Aufgefallen ist mir ziemlich rasch gleich zu Beginn, dass ein hoher Einsatz der Beine viel "Luft" und Ressourcen-Aufwand bedeutet. Nach maximal 2 Beckenlängen war am Anfang dann Schluss mit "Lustig". Durch das regelmäßige triathlonspezifische Schwimmtechnik-Training habe ich dann gelernt, meine Effizienz und zugleich das Tempo zu steigern und meine Beine wesentlich zu entlasten, damit diese für das Radfahren gerüstet sind.
Und es geht noch besser, noch viel besser. Denn jetzt versuche ich mich vom Hybriden zum technischen Allrad-Hybriden zu entwickeln. Damit meine ich, dass ich mir zunächst mal im Kopf vorstelle, meinen ganzen Körper als eine getaktete Maschine zu sehen, welche ihre physikalischen Möglichkeiten, so gut es mir möglich ist, ganzheitlich ins Wasser zu bringen. Ein guter Ansatz dahingehend beginnt wieder bei dem Thema „Effizienz“. Wie wäre es, wenn ich kräftige und schwungvolle Armzüge dadurch bewerkstellige, in dem ich den Schwung nicht alleine aus der Energie des Abstoßes im Wasser generiere, sondern mich eine kleine, zum richtigen Zeitpunkt getaktete, Rotation in der Hüfte unterstützt, den Armschwung möglichst ohne zusätzlichen Kraftaufwand durch zu ziehen. Bei richtiger Körperspannung (ohne Verdrehen) sollte dadurch mein Arm praktisch wie von alleine nach vorne katapultiert werden.
Feinjustierung - viele Schrauben und Rädchen an denen wir drehen
Hoher Ellbogen beim Kraulen
Frage: Was ist der hohe Ellbogen?
Viele Schwimmer meinen mit hohen Ellbogen die abgewinkelte Oberarm-Position oberhalb des Kopfes kurz vor dem nach vorne ins Wasser Strecken des Armes. Meine Schwimmtrainerin spricht vom hohen Ellbogen in einem ganz anderen Kontext. Denn es gibt den hohen Ellbogen auch beim „Triathlon-Kraulen“, aber nur an einer ganz anderen Stelle im Bewegungslauf unter Wasser (siehe Abbildung). Im Training lernen wir, dass der hohe Ellbogen unter Wasser angewendet wird, gleich zu Beginn eines neuen Armzuges. Der nach vorne gestreckte Arm wird zunächst, im Rahmen des „Wasserfassens“ im Ellbogen-Gelenk in Richtung Boden abgewinkelt und seitlich parallel zum Körper nach hinten gezogen. Sind die lockeren, leicht geöffneten (nicht krampfhaft geschlossenen) Finger in etwa auf Kopfhöhe drücke ich mich durch Einsatz des Trizeps (Armstreckung) und der Macht des Latissimus kraftvoll nach hinten ab. Das sollte so energiegeladen ablaufen, dass der Arm praktisch wie von selbst im gestreckten Zustand hinten aus dem Wasser schnellt. Genau jetzt noch mit einer kleinen Hüftrotation nachgeholfen, schnellt der Oberarm von ganz alleine gestreckt nach vorne. Durch diese impulsive Energie sollte speziell auch die Schultermuskulatur praktisch keinen Kraftaufwand in Kauf nehmen müssen. Trifft der gestreckte Oberarm mit dem Daumen nach unten gerichtet im Wasser auf, wird es koordinativ anspruchsvoll, denn jetzt gilt es gestreckt in Gleitphase zu gelangen, die richtig kontrolliert ausgeführt auch für eine kleine „Pause“ sorgt, während der andere Arm beginnt hinten aus dem Wasser zu steigen.
Habe ich das so einmal verinnerlicht, denke ich meistens (bzw. werde ich immer wieder von Jaqui und Harald erinnert) daran, keine meiner klassischen Fehler zu begehen. Dies sind:
- Armschwung nicht zu eng am Körper. Ich tendiere immer wieder dazu, dass sich die Armzüge nach vorne hin leicht überkreuzen. Dies bringt mich in ein Verdrehen im Wasser und verschenkt unheimlich viel Energie und Geschwindigkeit. Daher lässt mich Jaqui immer wieder im Bedarfsfall die Armschwünge im Kopf (bewusst) besonders breit aufsetzen um dieser Tendenz / Gewohnheit entgegenzuwirken.
- Harald muss mich immer wieder einmal an meine Kopfposition erinnern, beziehungsweise die Position des nach vorne gestreckten Armes zum Kopf. Der nach vorne gestreckte Arm sollte dicht am Kopf liegen, sodass kein Wasser-Widerstand dazwischen entstehen kann. Speziell dann wenn ich den Kopf zum Atmen seitlich aus dem Wasser neige, ist der gestreckte Arm immer wieder mal nicht am Kopf, sondern irgendwo darunter und damit bremse ich unbewusst, da Hals, Schulter und Arm viel Angriffsfläche auf das Wasser bietet. Liegt der Kopf am Oberarm an, kann im Schulterbereich kein Wasserwiderstand entstehen.
- Und der Kopf braucht sich zum Atmen ja auch nur minimal aus dem Wasser zu bewegen, gerade so viel, dass lediglich ein Auge aus dem Wasser ragt. Das reicht schon um ausreichend einzuatmen. Je mehr der Kopf aus dem Wasser ragt, desto mehr verschlechtert sich meine Wasserlage.
- Selbst der Blick im Wasser entscheidet schon über meine gesamte Wasserlage. Ich tendiere nämlich auch immer wieder dazu, dass mein Blick unter Wasser zu weit nach vorne gerichtet ist. Dies mache ich vor allem dann, wenn ich Angst habe, mit anderen Schwimmern zu kollidieren oder meine Schwimmbrille wieder einmal total angelaufen ist und ich fast im Blindflug unterwegs bin. Richtig wäre es, den Blick möglichst nur leicht nach vorne unten zu richten, denn dann bleibt in der Regel auch die Halswirbelsäule gerade und zieht somit die Brustwirbelsäule nicht nach unten, was kontraproduktiv für die Wasserlage ist.
- Auch wenn es mir noch nicht ganz gelingt, so denke ich zumindest auch immer wieder an den hohen Ellbogen im Wasser, welchen uns Jaqui im Training immer wieder durch spezielle Übungen schmackhaft macht.
- Was jetzt auch schon bei mir besser geworden ist, ist die Position des Armzuges unter Wasser. Dies ist aus einem Missverständnis heraus entstanden, bei welchem ich eine Übungsanleitung falsch interpretiert habe und mir somit etwas falsch anlernte. Wenn also jemand sagt: „Den Arm unter Wasser zum Bauchnabel führen!“ ist damit bestimmt nicht gemeint, dass die Hand unter Wasser unter die Körpermitte gezogen werden soll, zumindest nicht beim Kraulen selbst. Der Armzug sollte auf jeden Fall unter Wasser seitlich, neben und parallel zum Körper, stattfinden.
- Und zu Beginn bei mir ganz schlimm war die Druckphase der Arme unter Wasser. Da habe ich den Arm nie nach hinten durchgestreckt. Das heißt bei mir hat das „Gasgeben“ unter Wasser viel zu früh aufgehört. Ich denke, dass es nicht daran liegt, dass mein Trizeps zu schwach ist, sondern das Problem lag vielmehr bei etwas Falsch-Anerlerntem aus der Vergangenheit. Ich glaube, dass der „klassische“ hohe Ellbogen über Wasser, die Gefahr birgt, dass dieser bereits unter Wasser ausgeführt wird, was natürlich dazu führt, dass von Grund auf kein Tempo zustande kommt. Wie auch immer, jetzt habe ich das einigermaßen in den Griff bekommen.
Und es geht weiter, denn meine persönliche Erfahrung hat mir noch einen weiteren Aspekt gelehrt:
Kraulen und Open Water Schwimmen
Abbildung: Kraulen im Meer hat seinen ganz besonderen Reiz
Die Besonderheiten beim "Triathlon-Kraulen" sind natürlich sehr artverwandt mit dem Open Water Kraulen, da man ja bei den meisten Triathlons auch Open Water schwimmt. Und dennoch unterscheidet sich das spezifische Triathlon-Schwimmtraining in ein paar Schwerpunkten vom spezifischen Open Water-Schwimmtraining. Wobei hier auch die Meinungen etwas auseinander gehen. Aus diesem Grund möchte ich hier noch einmal erwähnen, dass diese Beschreibung Aufgrund meiner persönlichen Entwicklung und Erfahrung entstanden ist. Die Regeln sind im Prinzip gleich, der Zugang, die Themen-Schwerpunkte und die Trainingsmethoden unterscheiden sich jedoch. Dies hat allerdings keine grundsätzlichen Auswirkungen auf ein Schwimmtraining in Gegenstromanlagen, in welchen grundsätzlich alle Techniken gut anwendbar sind.
Als Beispiel für Unterschiede im Training:
- In triathlon-spezifischen Trainingseinheiten kommen zB Massenstart-Simulationen vor oder es wird das Aussteigen aus dem Wasser mit Laufen in die Wechselzone trainiert.
- Ein Schwerpunkt im Open Water-Training ist das "Sichten", was auch beim triathlon-spezifischen Training vorkommt, aber meiner Erfahrung nach nicht mit diesem großen Fokus
Was bedeutet Open Water?
Open Water nennt man das Schwimmen im offenen (vermeintlich natürlichem, still oder fließendem) Gewässer, oberflächlich gesagt: nicht im Schwimmbecken. Die spezielle Herausforderung hier ist die Sicht und somit auch die Orientierung im Wasser, ungeachtet von Wellengang, Strömung in fließendem Gewässer, Temperatur und sonstigen äußeren Einflüssen, die mehr oder weniger überraschend auf Sportler einwirken können. Und jetzt wird wahrscheinlich auch klar, dass hier zusätzlich noch ganz andere Aspekte in die Art und Weise des Schwimmens mit einfließen.
Sicherheit beim Open Water Schwimmen
Das Schwimmen in freien Gewässern birgt natürlich ein gewisses Gefahrenpotenzial. Daher empfiehlt es sich bei der Ausrüstung nicht unbedingt zu sparen und sich ein paar Gedanken dazu zu machen. Das deutsche Unternehmen Restube hat speziell für Freiwasserschwimmer die Restube swim Schwimmboje entwickelt. Diese Schwimmboje ist für geübte Schwimmer konzipiert, die sich in riskante Gewässer wagen.
Restube swim für Freiwasserschwimmer
Spezifisches Open Water-Training bei den Openwaterchamps
Im Sommer 2018 habe ich mir im Rahmen der Sailfish Swim Nights im Strandbad Klosterneuburg die Open Water-Trainings von Matthias Schweinzer und Nikolaus Dittrich besucht, was mir wieder einen komplett neuen Zugang zum Schwimmen vermittelte. Es stellte sich heraus, dass die gelernten Inhalte der Sailfish Swim Nights wunderbar mit meinem triathlon-spezifischen Vereins-Schwimmtraining harmonieren und sich dahingehend ergänzen.
So habe ich mir bei den Openwaterchamps eine Schwimmtechnik-Analyse gegönnt, welche meine Schwachstellen, speziell in Bezug auf meine Triathlon-Kraultechnik offen legte:
Meine persönliche Auswertung - hart und schonungslos kommentiert
In diesem Video sieht man, wie plump ich eigentlich den Arm nach vorne geknallt habe. Die vielen Luftblasen unter Wasser am Arm zeigen deutlich einen zu hektischen Armzug, der nach hinten hinaus nicht durchgestreckt ist. Die Beine zappeln irgendwie hinterher. Der Blick ist zu weit nach vorne gerichtet und dadurch senkt sich mein Becken ab, was eine ungünstige Wasserlage (zu tief im Wasser) zur Folge hat. Der nach vorne gestreckte Oberarm bleibt in der ersten Zugphase weiterhin gestreckt, was das Wassergreifen erschwert und ich aus der Schulter heraus die Kraft erzeugen musste. Dadurch habe ich auch eine Zeit lang leichte Schulterbeschwerden gehabt. In Summe klingt das jetzt nicht besonders gut, aber zu mir selbst kann ich so hart sein. Die Openwaterchamps waren da viel sanfter und meinten, dass ich das viel besser mache, als 80 Prozent der Hobby-Schwimmer #yeahhh !!!! Auch mein Trainer Harald meinte zur Openwaterchamps-Analyse: „Ja, das ist ein gutes Beispiel, an dem du weiter arbeiten kannst um dich zu verbessern!“ Matthias und Niko vertieften für mich die Thematik des „Sichten“ und „im Sog schwimmen“ im trüben Gewässer. Das lernte ich auch beim triathlon-spezifischen Training, aber nicht mit so einem hohen Fokus darauf.
Sichten
Abbildung: Matthias Schweinzer
Sichten nennt man die optische Orientierung beim Open Water Schwimmen. Dabei blickt man im Rahmen der Kraulbewegung immer wieder einmal kurz nach vorne und das so, dass es den Bewegungsablauf und die Wasserlage möglichst nicht stört. Eine koordinative Herausforderung, die mich zu Beginn völlig aus meinem Kraulkonzept geworfen hat. Matthias zeigte uns sehr einfach und anschaulich, wie wir diese Anforderung im Kraulvorgang am besten umsetzen können. Es stellte sich in der Tat heraus, dass es nicht so schlimm war, wie zunächst vermutet, denn am besten lässt sich der Blick nach vorne in der Kraulbewegung zu jenem Zeitpunkt einbauen, in welchem sich der Kopf am nach vorne gestreckten Arm befindet, und das während eines Armzuges, der keinen Atemvorgang beinhaltet. Zu Beginn versuchte ich nämlich, das Atmen mit dem Blick nach vorne zu kombinieren, was sich als ineffizient erwies. Eine tolle Erklärung zum Sichten bietet folgendes Video:
Im Sog schwimmen
Abbildung: Beim Schwimmfestival Neusiedler See 2018
Jeder Schwimmer kennt das "Windschatten-Fahren im Wasser" sozusagen! Es ist beim Triathlon nicht verboten im Sog zu schwimmen, wenngleich es um einiges schwieriger ist, als im Windschatten mit dem Rad hinterher zu fahren. Jeder Schwimmer hinterlässt hinter sich einen Sog im Wasser, der den Schwimmer direkt dahinter mitzieht. Aber um überhaupt in den Genuss des Sogs-Schwimmen zu kommen, ist schon einmal ein gewisses Grundniveau und technisches Können, sowie ein wenig Sichten, erforderlich. Im Sog schwimmen kann zu einem echten strategischen Schachspielen im Wasser ausarten, wenn beispielsweise der Vordermann seinen Verfolger durch „Hakenschlagen“ und Richtungswechsel irritiert. Bei einer Gruppenübung wird zum Beispiel geübt, dass man sich im Team abwechselnd möglichst schnell und effizient als Einheit (Schwarm) fortbewegt. Bei dieser Übung startet der hinterste Schwimmer mit höherem Tempo ein Überholmanöver an der Gruppe vorbei bis er an der Spitze die Führungsrolle übernimmt. Sobald er die Führungsrolle übernommen hat, passt er sein Tempo an die Gruppe an. Dicht gefolgt kommt aber bereits der nächste Schwimmer und übernimmt die Führungsrolle und so weiter. Eigentlich handelt es sich dabei um ein rotierendes Intervalltraining, bei welchem der erste Überholer einmal die intensivste / längste Arbeit einmalig leisten muss. Alles andere läuft „fast“ permanent im Sog ab. In der Praxis schaut die ganze Sache meistens so aus, dass bei ungeübten Schwimmern die Kette sehr bald abreißt … im Team üben .. üben .. üben .. und Sichten üben um zu wissen wo es hingeht. Matthias zeigte uns auch eine Möglichkeit, wie wir ohne optische Sichtung erkennen können, ob wir uns noch im Sog befinden. Sind wir dicht genug am Vordermann, können wir in den Fingerspitzen das „Blubbern“ des Vordermannes spüren. Ist das Blubbern weg, ist auch der Vordermann weg ...
Der Neopren
Abbildung: Ohne Neopren ist mir persönlich das Schwimmen am liebsten
Im Gegensatz zu den meisten „Kollegen“, bin ich Open Water meistens ohne Neopren geschwommen, da das Wasser im Sommer oft sehr warm war. Da bin ich wohl sehr eigen, denn ich mag grundsätzlich keine Neopren-Anzüge. Die sind eng und irgendwie nicht gemütlich und unpraktisch, engen irgendwie ein. Und genauso wenig mag ich viele Schichten beim Laufen im Winter. Also verwende ich den Neopren nur dann wenn es unbedingt erforderlich ist, als Kälteschutz und nicht um dadurch im Training ein wenig schneller zu sein. Irrwitzigerweise fürchten sich viele Hobby-Triathleten vor heißem Wetter am Wettkampftag, da bei zu warmen Wasser Neoprenverbot gilt. Und ohne Neopren ist das Schwimmen halt ein bisserl anstrengender. Im Gegensatz dazu ist meine Auffassung von Effizienz eine ganz andere, den mich freute es, dass ich beim letzten Neufeld Triathlon 2018 nicht in den engen Neo schlüpfen musste. Ich war es auch gewohnt, ohne Neopren Open Water zu schwimmen, genauso wie ich es gewohnt bin ohne Windschatten am Alu-Rennrad zu fahren. Aber gut, ich bin grundsätzlich niemand der es sich unbedingt leicht macht (Beispiel: siehe meinen Bericht zum Int. Kärnten Marathon 2018), denn das ist meine Art der Motivation mich vor Herausforderungen zu stellen und etwas für mich Besonderes zu leisten, nicht immer den leichtesten Weg zu gehen und schon gar nicht im Training.
Funktionelles Training
In Gesprächen mit Niko Dittrich und meinem Trainer Harald Fritz haben sich auch für mich sehr relevante Themen außerhalb des Wassers ergeben. Niko erzählte mir von seinem Oberkörper-Krafttraining. Für ihn als Leistungssportler kommt Maximalkrafttraining mit hoher Intensität in Frage. Auch wenn das für einen Hobbysportler nicht ganz so wichtig (da kommt es noch viel mehr auf andere Bereiche an) ist, ist mir dennoch bewusst, dass mich mehr Kraft im Trizeps und im Latissimus kräftigere Armzüge in der Druckphase nach hinten hinaus machen lässt. Speziell sollte ich ja meine Schwimmtechnik soweit ausgereift haben, dass ich meine Kraft nicht aus der kleinen Schultermuskulatur hole, sondern aus dem wesentlich größeren und leistungsfähigeren Latissimus, den ich wunderbar mit Klimmzügen trainieren kann. Apropos Klimmzüge: Letztens erst hat mich Harald Aufgrund eines von mir online gestellten Videos aufmerksam gemacht, dass es im Rahmen von „Funktionellem Training“ in Bezug auf mein Schwimmtraining funktionell mehr Sinn macht, die Klimmzüge nicht in supinierter Handposition zu machen, sondern mit pronierten Händen, so als wenn ich mich auf einer Mauer hoch ziehen wollen würde. Dies kommt nämlich der Kraul-Armzug-Bewegung im Wasser funktionell am Nächsten. Ja, und Stabitraining für mehr Körperspannung zahlt sich in allen seinen Facetten aus.
Schlusswort
Ich hoffe, dir mit meinem Artikel meine Welt des Kraulens näher gebracht zu haben und hoffe, dass auch ein paar motivierende und aufklärende Aspekte für dich dabei waren – viel Spaß beim Schwimmen!
P.S.: Ganz zum Schluss möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass dieser Artikel rein aus meinen persönlichen Erfahrungen und meinem sportlichen Werdegang im Schwimmsport entstanden ist. Einzelne Details daraus können durchaus unterschiedlichen Interpretationsfreiraum lassen und nicht für jedermann gleichsamt gültig sein.